Die Foaset gehört von jeher nach Kämmerzell, wie Frühling und Herbst, wie Sonne und Regen. Es gab auch immer gute Gründe, vor Aschermittwoch kräftig zu feiern. Bevor die damals im Fuldaer Land noch streng einzuhaltende Fastenzeit begann. Zum einen war bei der Landbevölkerung, den Bauern und Handwerkern, im Winter wetterbedingt eine ruhigere Zeit angesagt, zum anderen waren insbesondere bei der Jugend, aber auch bei der restlichen Bevölkerung das Bestreben, dem langweiligen Winteralltag etwas Humor und Kurzweil entgegenzubringen. Neben dem Hutzelsonntag, der aus germanisch–heidnischem Brauchtum stammt, war die Foaset christlich orientiert und hatte den tieferen Sinn, vor der langen Fastenzeit den weltlichen Freuden zu frönen. Den kargen Lebensbedingungen entsprechend war das Essen und Trinken die wichtigste Grundlage der Feier. Aber auch die Verbindung des Hutzelsonntags mit der Foaset im Fuldaer Land waren Anlass sich närrisch zu verkleiden oder sich dämonenhaft darzustellen. Es war also die Möglichkeit, sich in einer anderen Rolle, seiner inneren Vorstellung entsprechend, zu kostümieren. Häufige Figuren waren Teufel, Bär, Prinzen und Prinzessinnen, aber auch Hexen und Räuber waren sehr beliebt. Bis zum heutigen Tag wird im badischen Raum das heidnische Brauchtum mit Fastnacht vermischt, also die allemanische Fastnacht mit Holzmasken von Hexen und Dämonen.
Auch im Fuldaer Land hatte die Fastnacht einen ähnlichen Charakter. Insbesondere war die getrocknete Schweineblase mit Erbsen gefüllt und der in Stroh gebundene Bär neben dem von allen Kindern gefürchteten Teufel ein besonderes Merkmal. Auch in Kämmerzell war die Faoset eine Mischung zwischen Wintervertreibung und christlichen Werten. Es war Brauchtum einen jungen Mann in Stroh gewickelt als Bär und einen rabenschwarzen Teufel zum Schrecken aller Kinder durchs Dorf zu treiben.
Aber ganz besonders wichtig war das besondere Faosetemahl. Kräftiger Schinkenspeck, harte Bauernwurst in ausgeschlagenen Eiern mit selbstgebackenem Brot und schwarzgebranntem Schnaps, waren die Grundlage für eine ausgelassene Feier.
Auch ein Fußmarsch nach Lüdermünd in närrischer Verkleidung, Blasmusik und Gesang waren bei entsprechendem Wetter angesagt.
Nicht zu vergessen ist das Fastnachtsgebäck des Fuldaer Landes, der Kräppel. Bis zum heutigen Tag hat er nichts an Beliebtheit verloren.
Nach dem zweiten Weltkrieg lebte die Kämmerzeller Fastnacht in einer neuen Dimension auf. Höhepunkt war ein Fastnachtszug mit vielen Wagen, Reitern und Fußgruppen, der von den örtlichen Vereinen, aber besonders von der Feuerwehr veranstaltet wurde. An den Ortseingängen wurden närrische Zölle erhoben, die ausschließlich dem leiblichen Wohl dienten. Insgesamt wurde die Fastnacht mit Saalveranstaltungen immer mehr der Rheinischen Fastnacht angepasst. Es wurden jährliche Prinzen gekürt, die sowohl alleine, als auch mit Prinzessin, das närrische Volk regierten. Närrische Prinzen der 50er Jahre waren unter anderem Josef Brähler, Emil Roth, Alois Götz, Josef Katz und Karl Mrukwia. Bis in die 60er Jahre hinein wurden Maskenbälle, Tanzveranstaltungen und Kappenabende veranstaltet, die mit lustigen Spielen und Büttenreden viel Unterhaltung und Kurzweil boten. 1966 wurde der erste Fastnachtswagen für den Fuldaer Romozug von der Jugendgruppe Kämmerzell gebaut. Das Motiv war ganz klar: „Kämmerzeller Mattebiddel“. Absoluter Höhepunkt waren ca. zwei Zentner Matte, abgepackt in 125g-Becher, die von den Molkereien Fulda, Neuhof und Hainzell gesponsert waren. Da sich die Deckel leicht öffneten, war die Mattegaudi perfekt. So mancher Mattebecher samt Inhalt landete halbgeöffnet auf Mantel, Gesicht oder Ärmelfutter. Seit diesem Tag war uns und allen klar, Fulda ist absolutes Hoheitsgebiet der Kämmerzeller Mattebiddel.

Die Matrosen des Narrenschiffs Kämmerzell in den fünfziger Jahren:

stehend von links: Alfons Wehner, Josef Kohlmann, Josef Hartung, Hubert Hütsch, Reinhold Möller, Albert Kohlmann, Erwin bickert, Winfried Weber

sitzend von links: Gerhard Bickert, Anton Dietl, Horst George, Alois Götz, Albert Hütsch